Die Welt braucht den Beringstraßen-Tunnel!
13. Juni 2007 •

[von Rachel Douglas

Der Bau einer Tunnelverbindung unter der Beringstraße war das Thema einer Konferenz in Moskau. Dabei wiesen vor allem die amerikanischen Teilnehmer darauf hin, daß solche Projekte ein wichtiger Schritt zur Kriegsvermeidung sind.

Mehrere hundert Teilnehmer versammelten sich am 24. April in Moskau zu einer Konferenz mit dem Titel „Megaprojekte im Osten Rußlands: Eine transkontinentale eurasisch-amerikanische Verkehrsverbindung über die Bering-Straße“. Die Berichte über diese Konferenz lösten in vielen Ländern eine Welle des Optimismus aus, daß nun die Zeit für eines der größten Infrastrukturprojekte gekommen ist: ein Tunnel unter der Beringstraße zwischen Alaska und der russischen Region Tschukotka.

Zwei Amerikaner aus der Weltkriegs-Generation vertraten bei der Konferenz die Idee, daß solche großen Entwicklungsprojekte den Weg zur Kriegsvermeidung weisen. Dies waren der frühere amerikanische Innenminister und Gouverneur Alaskas, Walter Hickel, der sich seit Jahren für das Beringstraßen-Projekt einsetzt, und Lyndon LaRouche, dessen Beitrag „Die politische Weltkarte verändert sich: Mendelejew würde zustimmen“ bei der Konferenz verlesen wurde. LaRouche, der schon 1978 eine Verbindung über die Beringstraße gefordert hatte, verfaßte seine Erklärung auf Bitte der Veranstalter, die sie auch in der Konferenz-Dokumentation abdrucken werden. (Hier finden Sie die Beiträge von [url:"http://solidaritaet.com/neuesol/2007abo/19/hickel.htm]Hickel und [url:"http://solidaritaet.com/neuesol/2007/19/larouche.htm]LaRouche.) Die Amerikaner verbreiteten Zuversicht, daß Nordamerika für die Perspektive der eurasischen Entwicklung, wie sie die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit vertritt, gewonnen werden könne. Das wäre, wie LaRouche schon 2001 in Moskau erklärte, „die größte Transformation der Biosphäre in der Geschichte“.

An der Konferenz nahmen hochrangige russische Spezialisten aus den Bundesbehörden, den regionalen Regierungen und der Russischen Akademie der Wissenschaften teil, zusammen mit Experten aus Japan und Korea. Es war die erste einer Veranstaltungsserie „Megaprojekte in Rußlands Fernem Osten“, die vom Rat der russischen Akademie der Wissenschaften für Produktivkräfte (SOPS), dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel (MERT), dem Verkehrsministerium, dem Staatskonzern Russische Eisenbahnen sowie mehreren Regionalregierungen Sibiriens und des russischen Fernen Ostens ausgetragen werden.

Alexander Granberg, der Leiter des SOPS und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, beschrieb am 16. April in einem Interview mit dem Internet-Wirtschaftsdienst OPEC.ru die Vorteile des Projektes. Die Bahn-, Straßen- und Pipelineverbindungen könnten rund 3% des weltweiten Transportvolumens übernehmen. So könnten das hydroelektrische Potential Ostsibiriens besser genutzt und bisher unzugängliche Rohstoffvorkommen entwickelt werden. Ferner würde die Verbindung der Stromversorgungsnetze Sibiriens und des russischen Fernen Ostens mit Nordamerika Stromlieferungen aus Rußland nach Amerika im Wert von 20 Mrd. Dollar jährlich ermöglichen.

Rußlands Führung, so Granberg, betrachte die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur für wesentlich, um die riesigen abgelegenen Landesteile zu fördern. Als Beweis hierfür führte er eine Rede an, die der Chef der Staatseisenbahnen, Wladimir Jakunin, am 10. April bei einer von Präsident Putin geleiteten Konferenz über den Eisenbahntransport gehalten hatte. Darin hatte Jakunin den Bau der 3500 km langen Eisenbahnstrecke von der Lena zur Beringstraße als Aufgabe von höchster Priorität bezeichnet. Die Lena ist das östlichste der drei großen Flußsysteme Rußlands und der zehntlängste Fluß der Welt.

Machbarkeit und Finanzierung

Rasbegin bemüht sich, wie Gouverneur Hickel, seit langer Zeit, das Beringstraßen-Projekt voranzutreiben (siehe hierzu auch unsere [url:"http://solidaritaet.com/neuesol/2007abo/19/zeittafel.htm]Chronologie). Ein weiterer langjähriger und eifriger Unterstützer des Projektes ist der amerikanische Ingenieur Hal Cooper, dessen Überblick über das Projekt schon 1994 in Publikationen der LaRouche-Bewegung erschien und dessen detaillierte Darstellung der Parameter des Projektes in jüngster Zeit in Rußland und in den USA verstärkt Beachtung fand. Cooper kommentierte nach der Moskauer Konferenz, das Projekt sei nun möglicherweise in „einen wirklichen Phasenwechsel eingetreten“.

Bei der Konferenz am 24. April erklärte Granberg, als nächster Schritt würden Pläne und Machbarkeitsstudien für die 6000 km lange Verbindung vom sibirischen Jakutsk nach Fort Nelson in Kanada ausgearbeitet. Das Kernstück wird die rund 100 km lange Verbindung unter der Beringstraße bilden. Sie besteht eigentlich aus zwei 50 km langen Tunneln, die von beiden Seiten der Beringstraße zur (russischen) Großen und (amerikanischen) Kleinen Diomeden-Insel führen sollen, die dicht nebeneinander etwa in der Mitte der Beringstraße liegen. Japan habe bereits Unterwassertunnel von 50 km Länge zwischen Inseln gebaut, die Technologien seien also schon erprobt.

Louis Cerny vom amerikanischen Eisenbahnverband präsentierte die technische Machbarkeit der Beringstraßen-Querung und wies darauf hin, daß der Bau beschleunigt würde, wenn die verschiedenen Teile des Projektes gleichzeitig errichtet würden. Viele der russischen Konferenzteilnehmer bezogen sich auf jüngste Entscheidungen der russischen Regierung, die das Projekt realisierbar machten. Eine dieser Entscheidungen ist das Zielprogramm der russischen Regierung „Entwicklung des Fernen Ostens und der Transbaikal-Region“ bis 2013. Wie wir berichteten (siehe Neue Solidarität 18/2007), hat Premierminister Michail Fradkow eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen, um gegen die Unterentwicklung und den Bevölkerungsverlust des Fernen Ostens anzugehen.

Dr. Jonathan Tennenbaum, ein langjähriger enger Mitarbeiter LaRouches, stellte der Konferenz Lyndon LaRouches Beitrag vor als Arbeit desjenigen amerikanischen Ökonomen, der in Rußland bestens bekannt sei als Vertreter der Wissenschaft der physischen Ökonomie und durch seinen Einsatz für grundlegende Infrastrukturprojekte. LaRouches Ausführungen über das Erbe des russischen Chemikers und Nationalökonomen Dmitrij Mendelejew und seine Darstellung der Zusammenarbeit zwischen den großen Nationen am Projekt der Beringstraßenquerung als Mittel der Kriegsvermeidung stießen bei den Konferenzteilnehmern auf großes Interesse.

Tennenbaum, der in Rußland vor allem als Mitautor der EIRNA-Studie [url:"http://www.eirna.com/html/reports/eurasiad.htm]Die Eurasische Landbrücke: Die ‚Neue Seidenstraße’ als Motor weltweiter wirtschaftlicher Entwicklung (1996) bekannt ist, beschrieb dann das Konzept der Infrastrukturkorridore und des Netzwerks miteinander verbundener Infrastrukturkorridore. Ihre Realisierung im hohen Norden sei eine Herausforderung des 21. Jahrhunderts, die man durch den Bau einer Kette von Städten, die durch Kernkraftwerke mit Energie versorgt werden, meistern könne. Die amerikanischen Arbeiten beim Bau der nuklear betriebenen Forschungsstadt Camp Century unter dem Eis im Norden Grönlands sowie Rußlands Erfahrungen im Städtebau in Sibirien machten dies zu einem maßgeschneiderten Bereich für die amerikanisch-russische Zusammenarbeit, sagte Tennenbaum.

Maxim Bystrow, stellvertretender Leiter der russischen Bundesbehörde für Sonderwirtschaftszonen, griff die Äußerungen von LaRouche und Tennenbaum über die derzeitige enorme Finanzblase auf und stellte dem die Möglichkeit gegenüber, die Gelder in produktive Investitionen wie diese Infrastrukturprojekte zu lenken. Die Gelder würden nicht von alleine in solche Projekte fließen, betonte Bystrow. Die russische Regierung befürworte daher attraktive private Konzessionen für das Projekt, anstatt nur staatliche Gelder der beteiligten Nationen zu verwenden. Gleichzeitig sagte Bystrow, seine Behörde sei bereit, 120 Mio. Dollar für eine Machbarkeitsstudie zur Verfügung zu stellen.

Der Gouverneur der Sacha-Republik (Jakutien), Wjatscheslaw Schtyrow, dessen Beitrag vom Moskauer Repräsentanten der Republik verlesen wurde, ging auf das enorme Entwicklungspotential der ostsibirischen Region ein. Mit einer Fläche, die so groß ist wie die Hälfte der 48 US-Bundesstaaten südlich Kanadas, drei Zeitzonen umfaßt und sich bis an das Nordmeer erstreckt, habe Jakutien nicht mehr Einwohner als Rhode Island. „Wir haben [in  Jakutien] alle Elemente der Mendelejewschen Periodentafel“, sagte Schtyrow, und man teile Mendelejews Enthusiasmus für Entwicklung.

Ansteckender Optimismus

Die Nachricht, daß das Projekt des Beringstraßen-Tunnels von hochrangigen Vertretern der russischen Regierung unterstützt wird, wurde in vielen Teilen Eurasiens begrüßt. Die schwedische Wirtschaftszeitung Dagens Industri berichtete schon in ihrer Ausgabe vom 20. April positiv über das Projekt. Die deutsche Presse zitierte enthusiastische Reaktionen aus China, Korea und Japan, darunter Äußerungen aus japanischen Unternehmerkreisen, der Tunnel könne billiger gebaut werden, als bei der Moskauer Konferenz geschätzt wurde.

In Dänemark, wo der Vorschlag des Schiller-Instituts für ein Magnetbahnnetz nationale Beachtung fand, wies Tom Gillesberg vom Schiller-Institut darauf hin, daß Vitus Bering, nach dem die Beringstraße benannt ist, ein Däne war, der zur Zeit Zar Peters des Großen in Diensten der russischen Marine stand.

Auch in Saudi-Arabien erschien ein Bericht auf der Internetseite Elaph.com über das Beringstraßen-Projekt, der ansteckenden Optimismus ausstrahlte. Darin hieß es: „Die Kosten des gigantischen Verkehrsprojektes von 65 Mrd. Dollar werden durch die Einnahmen aus dem Güterverkehr zwischen den Ländern des Nordens rasch zurückgezahlt werden können.“ Leser aus arabischen Ländern, den USA und Kanada kommentierten den Artikel und forderten die arabischen Staaten auf, von Rußland, Kanada, den USA und Asien zu lernen und mit dem Bau eines Netzes von Eisenbahnen und Brücken in der arabischen Welt vom Persischen Golf bis Nordafrika zu beginnen.

In Rußland selbst identifizieren viele das Beringstraßen-Projekt mit LaRouche. Die Bahnstrecke über die Beringstraße erschien schon 1996 in der EIRNA-Studie über die Eurasische Landbrücke. Zwei Mitglieder der Akademie der Wissenschaften, Sergej Rogow vom USA-Kanada-Institut und Wladimir Myasnikow, damals beim Fernost-Institut, nutzten Reproduktionen der EIRNA-Karte, um ihre Artikel über das Entwicklungspotential Eurasiens, die Ende der 90er Jahre in großen russischen Publikationen erschienen, zu illustrieren.

Typisch für den Ruf des Beringstraßen-Projektes als LaRouche-Idee und die wachsende Überzeugung, daß solche Ideen selbst die starrsten Gewohnheiten der Institutionen überwinden können, ist ein Kommentar, den ein Russe am 23. April ins Internet stellte. Unter Bezug auf einen neuen Bericht des amerikanischen Außenministeriums, der Unterstützung für Regimewechsel in früheren Sowjetrepubliken im Namen der „Demokratie“-Bewegungen versprach, schrieb der Verfasser: „Dem muß ich geistig applaudieren: daß man den jüngsten Angriff des Außenministeriums beantwortet, indem man ein gigantisches gemeinsames Investitionsprojekt vorschlägt - der Traum Lyndon LaRouches, der die Demokraten im jüngsten Kongreßwahlkampf beriet. Und das noch dazu vom Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, obwohl es von einem unserer hartgesottensten Liberalen geleitet wird!“





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