Überwachungsskandal in den Vereinigten Staaten: Warum steht Europa auf der Seite des deep state?
1. April 2017 •

[Von Alexander Hartmann

In den Vereinigten Staaten und insbesondere im US-Kongreß herrscht derzeit ein faktischer Kriegszustand zwischen Präsident Trump, seiner Regierung und seinen Verbündeten im Kongreß auf der einen, und den Vertretern des „deep state“, wie man in Amerika sagt, auf der anderen Seite: dem Staat im Staat, jenen Geheimdienstkreisen, die ihre Möglichkeiten dazu genutzt haben, einen Überwachungsstaat aufzubauen, der dazu eingesetzt wird, unerwünschte Gruppen und Politiker zu bekämpfen und auf diese Weise sicherzustellen, daß die Politik der Vereinigten Staaten nicht dem Interesse der Bevölkerung, sondern den Interessen des Establishments dient.

Aus der Sicht dieser Kreise ist die Wahl Donald Trumps eine Art Betriebsunfall, und nun ist es ihr Ziel, Trump so schnell wie möglich aus dem Amt zu vertreiben, bevor er ihren Interessen mit seiner Politik noch größeren Schaden zufügt - etwa durch die Rückkehr zum Glass-Steagall-Trennbankensystem, durch einen Versöhnungskurs gegenüber Rußland und China und überhaupt die Abkehr vom britischen System des Freihandels und die Rückkehr zum ursprünglichen „Amerikanischen System“ der Gründerväter, was alles erklärte Ziele Trumps sind. Deshalb wurden Trump und seine Mitarbeiter medial quasi für vogelfrei erklärt, und nun läuft ein Propagandakrieg gegen die neue Regierung, der nach einem recht simplen Muster gestrickt ist - Rußland sei das Reich des Bösen, und Donald Trump und seinem Stab wird vorgeworfen, daß er Beziehungen zu Rußland habe.

Helga Zepp-LaRouche wies in ihrem Internetforum am 29. März darauf hin, daß sich diese Kampagne keineswegs nur gegen Trump richtet: „In Deutschland kennen wir das ja auch. Sobald jemand auch nur sagt, man soll die Sanktionen gegenüber Rußland beenden, man soll keine Konfrontation machen, es sei falsch, die NATO bis zur russischen Grenze auszudehnen und Truppen dahin zu schicken - sofort wird derjenige als Putinversteher oder schlimmeres denunziert, als russischer Agent oder was immer.“

Aber während die Medien des europäischen und amerikanischen Establishments den Eindruck erwecken, Donald Trump könne wegen seiner Verbindungen nach Rußland schon sehr bald abgesetzt werden, ist die einzige Tatsache, die bisher überhaupt feststeht - wie Devin Nunes feststellte, der als Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus eine Untersuchung zu diesem Thema angekündigt hat -, daß jemand im Wahlkampf Trump und seine Mitarbeiter ausspioniert hat und daß deren Namen an die Presse weitergegeben wurden.

Beides ist nach US-Recht strafbar, und daher wäre es plausibel, wenn Stellen aus der Regierung Obama tatsächlich den GCHQ, das britische Äquivalent der NSA, für diese Aktivitäten anheuerten, wie mehrere Insider behaupten, diese Stellen zu untersuchen. Denn während die US-Geheimdienste im Rahmen der Spionageabwehr keine US-Bürger abhören dürfen, gilt das nicht für verbündete Stellen wie den GCHQ, für die Amerikaner Ausländer sind. Und es ist bekannt, daß der GCHQ eng mit US-Diensten zusammenarbeitet, was ja im Zusammenhang mit der NSA-Spionage gegen Kanzlerin Merkel bekannt geworden war.

Wenn der GCHQ den US-Stellen Informationen liefert, müssen letztere die Namen von US-Bürgern in ihren Abschriften unkenntlich machen. Aber im Falle des früheren Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn, dessen Privatgespräche mit dem russischen Botschafter abgehört wurden, hat jemand die Namen an die Medien weitergegeben, ebenso im Fall von Justizminister Jeff Sessions. Und nun rückt die Frage, wer dafür verantwortlich ist, immer mehr in den Mittelpunkt der politischen Schlachten in Washington.

Der frühere CIA-Analyst Larry Johnson sagte am 17. März in einem Interview mit dem Radiomoderator Alex Jones, der frühere CIA-Chef Brennan habe versucht, in Zusammenarbeit mit dem GCHQ Trumps Kampagne zu sabotieren, und dann die ihm gelieferten Geheiminformationen an die Presse weitergegeben. „Es ist illegal, US-Bürger auszuspähen, aber nicht illegal, wenn die USA britische Bürger ausspähen, und umgekehrt. Wir sind Ausländer, also können die Briten uns ausspähen, und das haben sie unter Obama getan.“

Auch der frühere US-Geheimdienstbeamte Scott Ritter, der für seine vehemente Kampagne gegen die Lügen über Massenvernichtungswaffen zur Rechtfertigung des Irakkriegs bekannt ist, erklärte, am wahrscheinlichsten sei es der GCHQ gewesen, der Obamas Leuten die Abhörprotokolle lieferte.

Wie aus informierter Quelle verlautete, wurde Devin Nunes am 21. März von einem Insider auf Dokumente hingewiesen, aus denen hervorgehen soll, wie der frühere Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper und John Brennan mit dem GCHQ zusammenarbeiteten. Nunes ist entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen und herauszufinden, wer dafür verantwortlich war, und hat dazu entsprechende Anhörungen angesetzt.

Nunes wollte am 24. März in einer nicht-öffentlichen Sitzung FBI-Direktor Comey und NSA-Direktor Mike Rogers zu diesem Thema befragen, diese mußte jedoch vertagt werden, weil Vertreter der Demokratischen Partei im Ausschuß sie unter dem Vorwand angeblicher Terminschwierigkeiten blockierten.

Trumps Lager will eine nichtöffentliche Anhörung, um die Vorwürfe einer angeblich illegalen oder illegitimen Zusammenarbeit mit der russischen Regierung endlich ausräumen zu können, und sie wollen zuerst Comey und Rogers anhören und erst danach weitere Zeugen.

Die Demokraten hingegen wollen lieber eine öffentliche Anhörung, die sie zu Propagandazwecken gegen die Regierung mißbrauchen können, während die Geheimdienstvertreter die Aussage zu wichtigen Punkten unter Hinweis auf die Öffentlichkeit verweigern können, wie es Comey bereits am 20. März bei einer anderen Anhörung zu diesem Thema getan hatte.

Diese Spaltung im Geheimdienstausschuß ist schon an sich bemerkenswert, denn bisher hatte man in diesem Ausschuß, der für die Beaufsichtigung der Geheimdienste zuständig ist, stets großen Wert auf Überparteilichkeit gelegt.

Welches Ausmaß der Mißbrauch einer öffentlichen Anhörung zu Propagandazwecken annehmen kann, zeigte sich am 30. März bei einer Anhörung des Geheimdienstausschusses im Senat, bei der als „Sachkundiger“ u.a. der Desinformationsspezialist Roy Godson aufgefahren wurde, der schon vor Jahrzehnten eine maßgebliche Rolle bei der Hexenjagd gegen Lyndon LaRouche spielte, und der sich bei seiner jetzigen Aussage ständig korrigieren mußte, weil ihm anstatt „Russen“ immer wieder das Wort „Sowjets“ auf die Zunge kam. Wer noch heute unter jedem Bett sowjetische Spione vermutet, kann offensichtlich nicht als glaubwürdiger Sachverständiger betrachtet werden, aber Godson wurde in seinen Tiraden von einigen Senatoren sogar noch übertroffen.

Erst am 31. März gab der Sprecher der Demokraten im Geheimdienstausschuß, Adam Schiff, seine Verschleppungsversuche auf und unterzeichnete die Vorladungen für Comey und Rogers. Am gleichen Tag lud das Weiße Haus die führenden Vertreter der beiden Parteien in den Geheimdienstausschüssen des Senats und des Repräsentantenhauses ins Weiße Haus ein, um ihnen Dokumente des Nationalen Sicherheitsrates vorzulegen, die für ihre Untersuchungen relevant sind.

Auch das Internetportal Wikileaks, das unter dem Stichwort „Vault 7“ bereits zahlreiche Dokumente über die globalen Überwachungskapazitäten der US-Geheimdienste veröffentlicht hatte, veröffentlichte neue Dokumente, aus denen u.a. hervorging, daß die CIA die Möglichkeit hat, Hacker einzusetzen, die im Internet „unter falscher Flagge“ wirken und beispielsweise den Eindruck erwecken können, sie seien russische oder chinesische Hacker. RT Deutschland zitierte dazu aus einer Twitter-Meldung von Wikileaks:

„Die enthüllten Dokumente tragen den Namen ,Marble’ und enthalten nach Informationen der Enthüllungsplattform 676 Quellcodes des anti-forensischen und geheimen CIA Marble Framework. Dieses werde dazu genutzt, um forensische Ermittler daran zu hindern, von der CIA genutzte Viren, Trojaner, aber auch Hackerangriffe nachvollziehen und rückverfolgen zu können...

Der Marble-Quellcode beinhaltet ebenso einen Rück-Verschleierer [deobfuscator], um CIA-Textverschleierungen wieder rückgängig machen zu können. In Kombination mit den enthüllten Verschleierungs-Techniken entsteht ein Muster oder eine Signatur, die forensischen Ermittlern die Möglichkeit gibt, vorangegangene Hacking-Attacken und Viren der CIA zuordnen zu können. Marble wurde durch die CIA im Jahr 2016 genutzt.“

Diese Informationen und Möglichkeiten sind offensichtlich von großer Relevanz für die Frage, ob es im US-Präsidentschaftswahlkampf tatsächlich russische Hackerangriffe gab, wie von Präsident Obama behauptet wurde, oder ob diese möglicherweise von westlicher Seite vorgetäuscht wurden, um die Behauptungen der Regierung Obama zu stützen.

Das eigentliche Thema ist der Überwachungsstaat

In einem Artikel, der am 29. März in Consortium News erschien, erklären die früheren langjährigen Geheimdienstanalysten Ray McGovern und William Binney: Damit die Aktivitäten des deep state, des „Staats im Staate“ der Geheimdienste, die ständig sämtliche gewählten Mandatsträger, wichtige Regierungsmitarbeiter und natürlich auch Trumps Wahlkampfteam überwachen, endlich aufgedeckt werden können, dürfen Trump und Nunes nicht nachgeben. Vor allem Präsident Trumps Reaktion sei entscheidend. Wird er sich für den steinigen Weg des Widerstands entscheiden? „Seine Wahl könnte darüber entscheiden, ob unsere verfassungsmäßige Republik eine Zukunft hat.“

Sie betonen, daß es nicht um wiretapping (das „Anzapfen“ der Telefone) als solches geht, sondern um die Überwachung überhaupt. „Anzapfen“ sei passé, und deshalb hätten die Geheimdienste, als Trump diesen Ausdruck verwendete, einfach sagen können, sie hätten das nicht getan. Die eigentliche Frage sei vielmehr: Wurden Trump und seine Mitarbeiter überwacht? „Wach auf, Amerika! Die Realität ist, daß jeder - einschließlich des Präsidenten - überwacht wird.“

Und die Angst, die diese Überwachung unter den Staatsvertretern auslöst, zeigte sich schon, als Senator Chuck Schumer im Fernsehsender MSNBC warnte, die Geheimdienste hätten „vielerlei Wege, es heimzuzahlen“, wenn man sich ihnen widersetze.

Helga Zepp-LaRouche hob in ihrem Internetforum am 29. März hervor, daß dies auch für Europa von großer Bedeutung ist: „Ich finde, das wirklich Bedenkliche bei diesen ganzen Dingen ist: Das, was sich jetzt in Amerika und Großbritannien in beispielloser Weise selbst outet, das ist der deep state, der Überwachungsstaat. Daß ist der Apparat, der die illegalen Kriege gemacht hat und die Farbrevolutionen. Und der eigentliche Skandal besteht darin, daß die EU und die europäischen Regierungen sich auf die Seite dieses deep state stellen - gegen den gewählten Präsidenten der USA. Und das sollte also doch food for thought sein, daß man darüber einmal nachdenkt, was die Implikationen davon sind.“





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