Arbeitslosigkeit in der EU: Junckers Märchenstunde
19. September 2017 • 15:59 Uhr

[In seiner „Rede zur Lage der Union“ prahlte EU-Kommissionschef Juncker, in seiner Amtszeit seien bisher „fast 8 Mio. Jobs“ geschaffen worden. Tatsächlich zeigen die Eurostat-Zahlen jedoch, daß die reale Arbeitslosigkeit in der EU im Schnitt über 20% liegt, in einigen EU-Staaten sogar über 35%, wie der Ökonom Alberto Bagnai dokumentiert hat. Bagnai zählte dabei sowohl die Personen, die eine Arbeit suchen, als auch diejenigen, die keine Arbeit suchen (die gewöhnlich in der amtlichen Arbeitslosenstatistik nicht gezählt werden), sowie Personen, die Vollzeit arbeiten möchten, aber nur eine Teilzeitstelle gefunden haben („unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung“).

Das Ergebnis ist katastrophal. In Italien beträgt die reale Arbeitslosigkeit 35%, gefolgt von Spanien, Griechenland und Makedonien mit 32,5-33%, Zypern 27% und Kroatien 24%.

Der Durchschnitt in den 19 Staaten der Eurozone liegt bei 22-23%. Für die 27 EU-Staaten beträgt er 20%. Frankreich liegt mit 22% nur knapp darüber. Europäische Spitzenreiter sind Tschechien und Island mit 7-8% bzw. 11-12% Arbeitslosigkeit, Deutschland liegt knapp darüber. (http://goofynomics.blogspot.de/2017/08/la-disoccupazione-in-teoria-e-in....)

Wie kann Juncker nun behaupten, die Beschäftigung habe zugenommen? Ganz einfach: Als „beschäftigt“ gilt jeder, der auch nur eine einzige Stunde pro Woche arbeitet!

Ein Beispiel sind die neuesten offiziellen Zahlen aus Italien. Nach Angaben der Regierung hat die Beschäftigung seit 2008 um 1,096 Mio. Stellen zugenommen. Aber der Ökonom Nino Galloni weist darauf hin, daß im selben Zeitraum die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 1,1 Mrd. - oder etwa 5% - zurückgegangen ist. Wenn beide Zahlen stimmen, bedeutet dies, daß viele Vollzeitstellen durch Teilzeitstellen ersetzt wurden. Außerdem sind auch nach den offiziellen Zahlen 80% der neugeschaffenen Arbeitsverhältnisse befristet. Tatsächlich hat Italiens BIP das Niveau von 2008 noch nicht wieder erreicht, während die Bevölkerung jährlich um 0,5% gewachsen ist. Das bedeutet, daß das Pro-Kopf-Einkommen und die Produktivität gesunken sind.