Isotope und das zukünftige menschliche Leben im Weltraum
23. April 2010 •

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Von Meghan K. Rouillard

    „Seit Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt sich das richtige Verständnis der physikalischen Prinzipien einer kompetenten physikalischen Wirtschaftswissenschaft am klarsten in der Entwicklung eines spezifisch menschlichen Umgangs mit der physikalischen Chemie – insbesondere bei William Draper Harkins aus Chikago und noch weiter ausgearbeitet bei dem Akademiemitglied W.I. Wernadskij, in Form der Grundlagen einer wissenschaftlich fundierten Beschreibung der wirksamen Rolle der Menschheit als Gattung in einem sich anti-entropisch entwickelnden Universum. Diese Entwicklung Wernadskijs zeigt den wesentlichen Charakter eines Universums, das als Untergliederungen die drei Bereiche der Lithosphäre, der Biosphäre und der Noosphäre umfaßt.“

    – Lyndon LaRouche, „Die Geheimwirtschaft“


Das Konzept von drei unterschiedlichen Phasenräumen, dem des Abiotischen, des Biotischen und des Noetischen, hat Wladimir Wernadskij durch experimentelle Phänomene wie beispielsweise die unterschiedlichen chemischen Eigenschaften innerhalb und außerhalb lebender Organismen belegt. Wernadskij bezog sich dabei auf die wichtigen Arbeiten Louis Pasteurs1, der die besondere Bedeutung der Symmetrie von Molekülen bei bestimmten biologischen Funktionen aufgezeigt hatte. Wernadskij wagte 1938 die Aussage, daß es einen ähnlichen Unterschied in der Art und Weise gebe, wie Isotope innerhalb und außerhalb lebender Prozesse eingesetzt werden. Er schrieb:

„Eine Veränderung (in bestimmtem Umfang) der Isotopen-Zusammensetzung (Atomgewicht) innerhalb lebender Organismen ist offenbar eine charakteristische Eigenschaft lebender Materie. Dies wurde bereits für Wasserstoff, Kohlenstoff und Kalium nachgewiesen und ist auch für Sauerstoff und Stickstoff wahrscheinlich. Dieses Phänomen verlangt jedoch weitere genaue Untersuchungen. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß ein chemisches Element vor seiner Aufnahme in ein Lebewesen seine Isotopen-Zusammensetzung ändert.

Die chemische Zusammensetzung beider Arten natürlicher Körper kommt auf die gleichen chemischen Elemente hinaus – obgleich es möglich ist, daß sich die Atomgewichte einiger oder aller Elemente in der lebenden Materie ändern.“2

Später bestätigte sich Wernadskijs Hypothese einer besonderen „Fraktionierung“ (der Abweichung von Isotopenverhältnissen von einem gegeben Standard) der letzten beiden Elemente (Sauerstoff und Stickstoff) in lebender Materie, was durch zahlreiche Untersuchungen belegt ist. Zu der Zeit, als Wernadskij diese Vermutungen äußerte, mehr als 10 Jahre vor dem oben angeführten Zitat, waren interessanterweise die schwereren Isotope mehrerer dieser Elemente noch gar nicht entdeckt worden. Obwohl Wernadskij sich selbst als einen gründlichen Experimentator betrachtete, war seine Hypothese über den grundlegenden Unterschied zwischen lebender und nichtlebender Materie die Triebkraft aller seiner Experimente, und er ermutigte auch andere, mit solchen Untersuchungen fortzufahren.

Was sind Isotope, daß sie vom Leben so unterschiedlich genutzt werden? Oder andersherum, was ist Leben, daß es eine besondere Isotopenverteilung benötigt? Diese Fragen entsprechen den gleichen Fragestellungen, die bereits durch Pasteurs Arbeiten ausgelöst wurden: Was waren die (damals noch) versteckten Eigenschaften von vermeintlich identischen Molekülen, die es Lebensprozessen ermöglichen, zwischen ihnen zu unterscheiden? Pasteurs Arbeiten führten zur Begründung der Stereochemie, mit der die Ausrichtung von Molekülen im Raum untersucht wird.

Was sind die analogen versteckten Eigenschaften von Isotopen, die bewirken, daß Lebensprozesse mit Blick auf die Umwelt, in der die Organismen existieren, oder mit Blick auf nichtlebende Materie auf einzigartige Weise zwischen den Isotopen unterscheiden?

Was ist Leben, daß es diese Unterscheidung braucht? Verfolgt man diese Frage weiter, kommt man zu der Erkenntnis, daß Wernadskijs Gedankengang richtig war: Leben ist ein grundsätzlich anderer Zustand der physikalischen Raumzeit als bei nichtlebenden Phänomenen. Die besondere Art und Weise, wie Isotope mit Leben interagieren, ist nur eine Facette dieses grundlegenden Unterschieds.

Es gibt Grund zu der Annahme, daß die Fraktionierung durch etwas anderes als die Masse der Isotope bestimmt ist. Das klingt vielleicht überraschend, wenn man sich die bloße Definition eines Isotops überlegt, d.h. ein Isotop ist ein Atom desselben Elements mit einer geringfügig anderen Masse. Viele rein „physikalischen“ Prozesse könnten herangezogen werden, um zu zeigen, daß Isotope aufgrund ihrer Masse „bevorzugt“ werden. Auch die Größe ist ein Gesichtspunkt, der beispielsweise die passive Diffusion durch eine Membran bestimmt. Diese Frage läßt sich abhängig von der Membran durch einfache physikalische Gesetze beantworten.

Aus Wernadskijs Sicht von Pasteurs Arbeiten haben wir jedoch allen Grund anzunehmen, daß die Raumzeit innerhalb lebender Organismen andersartiger und, wenn man so will, „wahrnehmungsfähiger“ ist als eine einfache Vorrichtung, mit der sich die Wechselwirkungsgesetze zwischen Körpern und Membranen beschreiben lassen. Wir wollen hier u.a. zeigen, daß Isotope in der Tat weitaus komplexere kleine Dinger sind, die nicht nur deshalb anders sind, weil sie etwas mehr oder weniger schwer sind. Das sollte man auch erwarten, da ein Lebewesen viel wahrnehmungsfähiger ist als eine Waage.

Wenn Leben eine besondere Isotopen-Zusammensetzung braucht, welche sich durch ein besonderes Selektionsverfahren innerhalb des Lebewesens bestimmt, wie es Wernadskij vermutete, muß diese Überlegung unbedingt berücksichtigt werden, wenn wir künstliche Lebenswelten auf dem Mond oder Mars schaffen wollen, wo die Isotopen-Zusammensetzung wahrscheinlich ganz anders ist als auf der Erde, selbst wenn man dort die gleichen chemischen Elemente finden sollte.

Wir sollten etwas mehr untersuchen, was über diese facettenreichen kleinen Dinger, die Isotope, bereits bekannt ist und in welcher einzigartigen Wechselwirkung Lebensprozesse dazu stehen. Auch wenn wir noch zu keinen konkreten Antworten kommen, so müssen diese Fragen dennoch gestellt und entsprechende Experimente ausgedacht werden, wenn wir unsere Erde verlassen und eine Menschengesellschaft auf dem Mars schaffen wollen.

Es sei noch hinzugefügt, daß eine wirkliche einheitliche Feldtheorie darauf abzielen sollte, Phänomene wie Elektromagnetismus, Gravitation, Chemie und vieles mehr dadurch zu definieren, wie diese Phänomene in bezug auf jeden der Wernadskijschen Phasenräume wirksam werden.3 Das reale Vorhaben, den Weltraum zu besiedeln, macht diese Frage zu mehr als nur einem einfachen akademischen Anliegen, da wir eine Umwelt neu zu schaffen versuchen, die Leben auf anderen Planeten ermöglicht. Wenn wir wissen wollen, was Isotope „sind“, müssen wir Untersuchungen ohne vorgefaßte Meinungen anstellen, wie Isotope mit dem Leben in Wechselwirkung stehen. Jeder, der mit Wernadskijs Denken näher bekannt ist, dürfte keinen Zweifel haben, daß Wernadskij dem höchstwahrscheinlich zugestimmt hätte. Beginnen wir damit, einige der Paradoxe näher zu betrachten, die im Zusammenhang mit Isotopen seit ihrer Entdeckung aufge­treten sind.

Die Schatten der Isotope

Bei seinen Experimenten mit Ionenstrahlen des Elements Neon (Kanalstrahlen), die durch elektrische und magnetische Felder abgelenkt werden, fiel J. J. Thomson 1913 auf, daß einige der Ionen anders abgelenkt wurden, als man es auf den Projektionen ihrer parabolischen Flugbahnen auf einer photographischen Platte sehen konnte. Dies brachte ihn zu der Vermutung, daß einzelne Neon-Ionen, die angeblich alle gleich sein sollten, unterschiedliche Masse haben könnten.

1917 begann der physikalische Chemiker William Draper Harkins von der Universität Chikago Anhaltspunkte für sehr geringe Unterschiede in den Spektren verschiedener Bleiisotope und einiger anderer Elemente zu untersuchen. Die Unterschiede waren so gering, daß er sich mit der Zeit selbst nicht mehr sicher war, ob es überhaupt einen Unterschied gab. Ohne genauer auf seine Arbeiten einzugehen, läßt sich aus seiner Hypothese ablesen, daß Isotope außer einer einfachen Massenzunahme andere Eigenschaften haben könnten, die die beobachteten unterschiedlichen Spektralemissionen erklären würden – etwas, was mit der unterschiedlichen „Raumanordnung“ zu tun hat.4

„Die Tatsache, daß Isotope mit einem konstanten Wert P [Protonen], aber mit einem variablen Wert b (Neutronen) beinahe die gleichen Spektren haben, zeigt, daß die nichtnuklearen Elektronen wie erwartet schwingen, als wenn die positiven und negativen Elektronen [Neutronen] nicht im Atomkern vorhanden wären, d.h. als wenn dieser nur aus positiven Elektronen [Protonen] bestehen würde… Selbst wenn es keinen Effekt aufgrund der Masse gäbe, wäre zu erwarten, daß, wenn die positiven und negativen Elektronen im Kern nicht übereinstimmten, ihre Raumanordnung einen kleinen, möglicherweise nicht meßbaren Effekt auf das Spektrum hervorrufen sollte.“  5

Harkins stellte sich also vor, daß die einfache Massenzunahme durch ungeladene Neutronen die Spektral­emission nicht ändern würde, wohl aber eine Orientierungsänderung der Kernbestandteile. Diese Äußerung ist deswegen nützlich, weil damit die Idee entsteht, daß Isotope nicht einfach nur leichter oder schwerer sind, sondern daß die Strukturveränderung selbst dazu beitragen könnte, andere Unterschiede hervorzubringen, z.B. solche, die unterschiedliche Emissionsspektren von unterschiedlichen Isotopen erzeugen.

Dieser Gedanke war auch Pasteur nicht völlig fremd, als er seine Hypothese aufstellte, daß unterschiedliche Weinsäuremoleküle aufgrund ihrer räumlichen Anordnung oder Symmetrie und nicht allein aufgrund des „Stoffs“, aus dem sie gemacht sind, mit lebenden Organismen reagierten. Außerhalb lebender Organismen spielen diese Unterschiede keine Rolle. Wernadskij dachte daher, daß lebende Organismen einen einzigartigen Zustand des Raumes einnehmen müßten:

„Ein chemischer Unterschied zwischen rechts- und linksdrehenden Formen derselben chemischen Verbindung kennzeichnet den Zustand des physikalischen Raumes, der von dem Körper eines lebenden Organismus eingenommen wird, und dessen Erscheinung im umgebenden Medium, in der Biosphäre.“  6

Man kann sicher nicht behaupten, dadurch schon zu wissen, was der Organismus davon wahrnimmt, doch Symmetrie scheint dabei eine Rolle zu spielen. Es ist ein Hinweis darauf, daß sich Leben selbst auf chemischer Ebene von Nichtleben unterscheidet, was völlig den Behauptungen widerspricht, lebende Materie ließe sich einfach aus den gleichen „nichtlebenden Chemikalien“ zusammensetzen. Es gibt durchaus Unterschiede, wenn man über die Chemie in Lebewesen spricht. Aber was geschieht auf der noch kleineren mikroskopischen Ebene, auf der Ebene der Atome, aus welchen sich die symmetrischen Moleküle zusammensetzen, was ist mit den Isotopen? Wernadskij dachte ebenfalls, dies sei ein Phänomen ähnlicher Natur:

„Zeigt sich nicht in dieser biogenetischen Veränderung des Atomgewichts eine der zahlreichen Erscheinungen einer scharfen materiellen und energetischen Unterscheidung zwischen lebender und inerter Materie, wie sie in allen biogeochemischen Prozessen zu beobachten ist?“  7

Die Fraktionierung, die Wernadskij vermutete, bevor sie überhaupt experimentell bewiesen wurde, gibt es tatsächlich, und wir werden uns mit einigen Beispielen beschäftigen, die allerdings nicht annähernd all die Arbeiten umfassen, die dazu gemacht wurden. Die andere Seite dieser Frage ist, warum oder wie es zu dieser Erscheinung kommt.

Isotope unterscheidet man gewöhnlich, wie oben bereits erwähnt, durch ihre Masse, jedoch zeigen uns Prozesse innerhalb lebender Organismen, daß man bei alleiniger Betrachtung der Masse offenbar nur einen Schatten des tatsächlichen Isotops wahrnimmt. Wir wissen bereits, daß Lebewesen Eigenschaften wie Symmetrie wahrnehmen können. 1935 sagte Wernadskij, daß wir nicht „die andere physiologische Seite dieses Problems übersehen [sollten], wenn sie sich voranbringen läßt, d.h. die Frage nach dem Mechanismus, wie der Organismus auf die Isotopenmischungen der Elemente einwirkt,“ wobei er jedoch vorsichtig genug war, keine Vermutungen anzustellen, wie sich dies abspielen könnte.

Bereits 1940 hatten A.K. Brewers 8 Arbeiten über die Kalium-Fraktionierung in Ratten, die Wernadskij bekannt waren, die Fraktionierung auf Grundlage kinetischer Mechanismen erklärt, d.h. mit einem nicht ganz neuen Modell, da damit nichts grundlegend anderes ausgedrückt wurde als die Überlegung, wieviel Energie erforderlich ist, um eine chemische Bindung zu brechen. Selbst in frühen Schriften Wernadskijs von 1926, die derzeit ins Englische übersetzt werden,9 äußerte er die Vermutung, daß selbst bei gleicher Isotopen-Zusammensetzung in lebender und nichtlebender Materie die Symmetrie einige Unterschiede erklären könnte. Auch in Wernadskijs Buch The Biosphere findet sich ein Verweis darauf.10

„Es ist sehr wahrscheinlich, daß Isotope und die Symmetrie von Atomen eine Rolle im lebenden Organismus spielen, die noch nicht aufgeklärt wurde,“ schreibt er dort.

Auch wenn dieser Gedanke unvollendet blieb, scheint Wernadskij sehr zuversichtlich gewesen zu sein, daß es hierbei einen Unterschied gäbe. In Übereinstimmung mit diesem allgemeinen Ansatz sollten wir offen sein für weitere Fragen und neue, herausfordernde Experimente, die zeigen, daß die Überlegungen, um die es hier geht, keineswegs so einfach sind, wie sie gemeinhin diskutiert werden.

„Massenunabhängige“ Isotopeneffekte

Der Begriff „massenunabhängiger Isotopeneffekt“ hat eine sehr spezifische technische Bedeutung, mit der wir uns hier ein wenig beschäftigen wollen. Es heißt, man könne eine massenunabhängige Fraktionierung oder eine Abweichung von Isotopenverhältnissen von einem nicht auf Masse basierenden Standardverhältnis nur bei Elementen wirklich messen, die mehr als zwei stabile Isotope haben. Wenn man sich nämlich mit der Fraktionierung von nur zwei Isotopen oder der Abweichung von einem Standard-Isotopenverhältnis befaßt, läßt sich lediglich aussagen, daß mehr von dem schwereren oder mehr von dem leichteren Isotop gewählt wird; das nennt sich massenabhängige Fraktionierung.

Betrachten wir einige Beispiele dafür, was wir meinen, daß Lebensprozesse Isotope „auf andere Weise“ nutzen, ohne dabei Abweichungen zwischen drei Isotopen aufweisen zu müssen, die nicht nach Masse gestaffelt sind. Es sollte deutlich sein, daß die vom Lebewesen wahrgenommene Eigenschaft des Isotops nicht nur dessen Gewicht ist. Einige Fachleute in diesem Bereich stimmen zu, daß Lebewesen keine Waage benutzen, um Isotope vor der Aufnahme zu wiegen, jedoch habe beispielsweise die Masse Einfluß auf die Bindungsstärke. Wir wollen auf diese spezielle Hypothese nicht eingehen, weil noch provozierendere Fragen aufkommen, selbst wenn man es mit sogenannten „massenabhängigen“ Isotopeneffekten zu tun hat.

Zum Beispiel brauchen bestimmte biologische Gewebe selbst eine besondere Isotopenzusammensetzung. Wäre es nur eine Frage enzymatisch beeinflußter chemischer Bindungsprozesse, die beispielsweise durch die Ersetzung eines schwereren durch ein leichteres Isotop schneller abliefen, stellte sich die Frage, warum schwerere Isotope überhaupt benutzt werden. Und die Kehrseite wäre, daß schwerere Isotope aufgrund ihrer Masse eine stärkere Bindung ergäben. Hier geht es vielmehr um die Frage, wie sich die spezifischen Verhältnisse für das Lebewesen insgesamt ergeben, ohne anzunehmen, daß es dabei zu einer riesigen Aufsummierung einzelner Kinetik- oder Gleichgewichtseffekte kommt, denn Isotope haben wahrscheinlich andere, viel interessantere Wege, um potentiell mit lebender Materie zu reagieren.

Bei der Photosynthese entledigen sich die Pflanzen während der Atmung der zwei Hauptisotope. Entscheidend dabei ist nicht einfach, welches davon nach seiner Masse einfacher durch die gleiche Membran oder Pore paßt. Das Übergewicht von Kohlenstoff-12 ließe sich möglicherweise dadurch erklären, was die Pflanze aufnimmt (mehr von dem leichteren Isotop – genannt Gleichgewichtsfraktionierung), aber der Umstand, daß die schwereren Isotope während der Atmung bevorzugt entfernt werden, was eine Umkehr des Prinzips zeigt, welches Isotop am besten „durchpaßt“, zeigt, daß dies keine ganz so einfache Angelegenheit ist.

Forscher stellten 2004 zu diesem Thema fest:

„Jüngste Experimente mit intakten Bohnenblättern zeigten im Vergleich zur Blatt-Saccharose eine deutliche Anreicherung von Kohlenstoff-13 von etwa 6% bei im Dunkeln geatmetem CO2 , was auf eine erhebliche Fraktionierung im Zusammenhang mit der Atmung hinweist.“ 11

Warum ist in Pflanzen eine Gesamtanreicherung von Kohlenstoff-12 gegenüber ihrer Umgebung erforderlich? Die Frage ist durchaus noch schwieriger: Betrachtet man die relativ noch spezialisierteren Ebenen, ergeben sich weitere Unterschiede in der Anreicherung. Unterschiedliche Pflanzenteilen haben unterschiedliche Kohlenstoff-13-Konzentrationen im Vergleich zu Kohlenstoff-12. Lipide und Blätter im allgemeinen scheinen noch ärmer an dem schwereren Kohlenstoffisotop zu sein, während Samen eine größere Anreicherung zeigen.

Noch allgemeiner trifft zu, daß eine bestimmte „Isotopennahrung“ nicht die Fraktionierung zwischen verschiedenen Geweben und Teilen tierischer Körper beschreibt. Verarmung des schwereren Eisenisotops im Blut gegenüber der Nahrung; Verarmung schwerer Kalzium-Isotope im Knochen gegenüber anderen Geweben; Verarmung leichterer Kalium-Isotope in Rattenknochen gegenüber anderen Geweben; Anreicherung des schwereren Isotops von Stickstoff und des leichteren Isotops von Eisen in der aufsteigenden Nahrungskette – all das sind Beispiele dieses Phänomens, und viel ist über solche speziellen Studien geschrieben worden. Quecksilber in verschiedenen Torfmoosarten aus Argentinien und Spanien zeigt in einem Fall eine Anreicherung, im anderen Fall eine Verminderung von zwei geradzahligen Quecksilberisotopen.12 (Technisch gilt dies als ein massenunabhängiger Isotopeneffekt.)

Die Verminderung von Uranisotopen in einem Uranerzlager betraf vor allem ein bestimmtes Uranisotop, wobei die mögliche Rolle von uranreduzierenden Bakterien nicht außer Acht gelassen werden darf.13

Es gibt weitere Beispiele dafür, wie Isotope auf interessante Weise mit Leben in Wechselwirkung treten: Man hat Experimente mit Bakterien angestellt, die man aus „normalem“ H216O in Wasser gebracht hat, bei dem der Wasserstoff und der Sauerstoff-16 mit Deuterium und Wasserstoff-18 ausgetauscht wurden. Einige der E.-coli-Bakterien zeigten bis zu 30 Stunden einen vollständigen Wachstumsstillstand, als sie von normalem in isotopisch schweres Wasser umgesetzt wurden; andere zeigten deutliche morphologische Veränderungen.14

Hat das Gewicht des Wassers diesen Effekt verursacht? Wie eingangs festgestellt, erklären einige Wissenschaftler heute diese Effekte mit einer sekundären Eigenschaft des Gewichts; so wie sich das Gewicht des Isotops auf bestimmte Bindungsstärken auswirkt, reduziert man dadurch alle außer einigen tatsächlich „massenunabhängigen“ Isotopeneffekte auf ein einfaches kinematisches Modell (was dann kinematischer Isotopeneffekt genannt wird). Doch die Frage, die uns eigentlich interessiert, ist, wie sich das gewünschte Gesamtverhältnis bestimmte und das ohne die einfache Annahme, daß dies durch die Aufsummierung von Millionen einzelner Bindungen geschieht, die mehr oder weniger leicht beispielsweise durch Enzyme gespalten werden können.

Außerhalb einer reinen Schwerwasserumgebung ist in Pflanzenzellen gebundenen Wassermolekülen relativ weniger Deuterium im Verhältnis zur Wasserumgebung vorhanden, wobei das Deuterium offenbar in sehr präziser Weise verwendet wird, wenn es nicht sogar bevorzugt freigesetzt wird. (Das Modell der Gleichgewichtsfraktionierung würde dies nicht erklären.) Wohin geht der Rest des Deuteriums? Warum ist es an anderer Stelle der Pflanze nützlicher?15

Im Rückblick auf die Arbeiten Pasteurs und die Frage, ob Isotope „mehr oder weniger“ gleich sind, sollte man den Umstand bedenken, daß die leichteren oder schwereren Isotope völlig unterschiedliche Funktionen ausüben dürften. Aminosäuren gelten allgemein als ausschließlich linkshändige und Zucker als rechtshändige Moleküle. Es gibt jedoch wichtige Beispiele rechtshändiger Aminosäuren, auch wenn sie weit weniger häufig sind, sowie auch von schweren Isotopen, die eine sehr wichtige Rolle spielen. So findet sich im Gehirn von Ratten, Hühnern und Menschen eine rechtshändige Variante der Asparaginsäure, die während der Entwicklungsphase in großen Mengen vorkommt, doch dann nach der Ausreifung rasch auf kleinste Mengen abfällt. Die Analogie mag nicht genau sein, aber es wird die richtige Frage angesprochen: Ob nämlich die nur in Spuren vorkommenden Isotope eine ganz besondere Rolle spielen, abgesehen davon, daß sie etwas mehr oder weniger Masse zu einer chemischen Bindung beitragen.16

Man kann sehen, daß bereits Paradoxe entstehen, wenn man die Übertragung von nur zwei verschiedenen Isotopen durch eine Membran erklären will (wobei nicht immer eine einfache Bevorzugung von leichter oder schwerer deutlich ist). Hier spielt auch eine Rolle, daß eine bestimmte „Wasserumgebung“ infolge des Austauschs von Isotopen morphologische Veränderungen in einem Organismus hervorrufen. Wozu genau dient ein schweres Isotop wie Deuterium im Pflanzenwasser?

Diese Beispiele, bei denen wir es zwar nur mit zwei Isotopen zu tun haben, sollten uns zu der Ansicht führen, daß die Angelegenheit nicht so einfach ist, als daß schwerer oder leichter „bevorzugt“ oder „besser“ sei. Schwerere Isotope sind gewöhnlich weitaus weniger häufig als die leichteren, weswegen jede Anreicherung von schweren Isotopen in ganz kleinem Umfang stattfindet – ein weiteres Beispiel für das Wirken einer schwachen Kraft, die vielleicht eine ähnlich zentrale Rolle spielt wie Strahlung geringer Intensität. Es ist wahrscheinlich so, daß einige Fälle „massenabhängiger Fraktionierung“ Vorgänge sind, die wir einfach nicht verstehen, wir aber gerne auf Grundlage einer Bevorzugung von leichter oder schwerer durch einen siebähnlichen Mechanismus erklären wollen. Eine solche Erklärung entspricht der einfachsten Erklärung dafür, was ein Isotop ist, doch als Erklärung läßt sie gleichwohl vieles unerklärt.

Bevor wir uns mit einem weiteren Aspekt dieses Problems beschäftigen wollen, sei bereits angemerkt, was einige dieser Überlegungen für die Besiedlung eines Planeten wie dem Mars bedeuten. 2004 begann die Genesis-Mission der NASA, um die Isotopenzusammensetzung der Sonne im Vergleich zu den anderen Planetenkörpern zu untersuchen. Interessanterweise scheinen Mars, Erde, der Mond und die Asteroiden eine ähnliche Anreicherung mit schwereren Sauerstoffisotopen aufzuweisen, wenn man dies mit den Daten vergleicht, die für den Sonnenwind und den Allende-Meteoriten gefunden wurden, welcher mit die älteste Materie im Sonnensystem enthalten soll.

Stickstoff, ein weiteres für das Leben wichtige Element, ist auf dem Jupiter-Mond Titan in dem schwereren Isotop um das 4,5fache höher angereichert als auf der Erde. Wie könnte sich Leben an Umweltbedingungen anpassen, in denen erheblich weniger schwere Wasserstoffisotope oder erheblich mehr schwere Stickstoffisotope vorkommen?

Im Juni 2008 stellte der Phoenix Lander fest, daß der Marsboden beachtliche Mengen von Magnesium, Natrium, Kalium und Chlorid enthält, alles Elemente, die für das Pflanzenwachstum auf der Erde wichtig sind. Doch welche Isotopenzusammensetzung haben diese Elemente auf der Marsoberfläche? Was würde es für dort wachsende Pflanzen bedeuten, wenn die Isotopenzusammensetzung des Bodens deutlich von der auf der Erde abwiche und wie ließe sich dieser Unterschied notfalls ausgleichen? Ein erster Blick auf die Rolle, die Isotope in Lebensvorgängen spielen, hatte uns gezeigt, daß solche Faktoren nicht übersehen werden dürfen.

Fraktionierung der Planetenatmosphäre

Andere interessante Beispiele massenunabhängiger Fraktionierung findet man dort, wo es deutliche Abweichungen unter drei Isotopen gibt, d.h. ihre Anteile mit der Masse zu- oder abnehmen. Am meisten untersucht ist hierbei wohl das Ozon, bei dem es unter den vorkommenden Sauerstoff-16-, Sauerstoff-17- und Sauerstoff-18-Isotopen eine Spitze für die Menge von Sauerstoff-17 gibt, wenn man die rein von der Masse erwartete Anreicherung zugrundelegt. Sauerstoff-17 und Sauerstoff-18 sind beinahe gleich angereichert, und das völlig asymmetrische Ozonmolekül 16O17O18O kommt relativ häufig vor. Gründe im Zusammenhang mit der schwer faßbaren Größe des „Elektronenspins“ und einer sich daraus ergebenden Asymmetrie der Moleküle wird von dem meisten heutigen Wissenschaftlern als ursächliche Faktoren vermutet.

Auch wurde postuliert, daß die Photolyse oder Ultraviolettstrahlung bei der Erzeugung einer massenunabhängigen Fraktionierung von Gesteinsschwefel aus der archäischen Erdatmosphäre eine Rolle spielt, und zwar durch eine Art Resonanz, welche die Strahlung mit bestimmten Molekülen hat, die je nach Isotopenzusammensetzung unterschiedlich sein kann. In allen diesen Fällen haben wir es mit drei oder mehr stabilen Isotopen zu tun, weswegen man eine Verminderung oder Anreicherung von nur einem oder von zwei geradzahligen oder ungeradzahligen Isotopen eine massenunabhängige Fraktionierung nennt.17

Insgesamt scheint keine Einigkeit in der Frage zu herrschen, wie es zur atmosphärischen Fraktionierung kommt. So heißt es kürzlich in einem Artikel:

„Trotz 15 Jahren intensiver experimenteller und theoretischer Forschung nach der ersten Entdeckung eines chemisch erzeugten massenunabhängigen Prozesses ist der dafür verantwortliche Mechanismus immer noch unentdeckt.“ 18

Man mag einwenden, daß es sich hierbei nicht um Lebensprozesse handelt, so daß die Hypothese über die Bedeutung massenunabhängiger Isotopenfraktionierung bei Lebensprozessen hier nicht angebracht sei. Sogar Wernadskij wußte, daß auch Prozesse im Unbelebten – meist Gas­phänomene bei hohen Temperaturen und Drücken – eine besondere Fraktionierung gegenüber der Umgebung aufweisen.

Die Antwort auf unsere Frage liegt also nicht einfach darin, zu zeigen, daß Fraktionierung in Lebewesen nicht von der Masse abhängig ist, auch wenn das allein einzigartig wäre. Andererseits kann die Frage gestellt werden, ob sich atmosphärische Fraktionierung auf der Erde beispielsweise wirklich als das Ergebnis rein unbelebter Prozesse verstehen läßt, denn Wernadskij selbst hatte festgestellt, daß die Biosphäre bis zur Stratosphäre reicht. Auch der Kreislauf von Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff umfaßt eine biogene Wanderung der Atome. Nach einer Berechnung machen Sauerstoffatome alle paar tausend Jahre einen Zyklus zwischen Atmosphäre, lebender Materie und wieder zurück in die Atmosphäre durch.19 Die besonderen in der Atmosphäre erzeugten Isotopenwirkungen sind letztlich engstens mit der Schaffung der Atmosphäre durch Lebensprozesse verbunden.

Aber abgesehen von dieser besonderen Frage hat uns dieser Gedankengang bereits zu einer wichtigen Überlegung über die zukünftige Besiedlung anderer Planeten gebracht. Man denke an die Frage über die Natur der Marsatmosphäre. Wissenschaftler, die sich mit Ähnlichkeiten zwischen der Erdatmosphäre im Achäikum und der Marsatmosphäre beschäftigt haben, stellten fest, daß die Photolyse, mit der vor langer Zeit auf der Erde in einer sauerstoffarmen Atmosphäre die Fraktionierung von Schwefeldioxid entstand, auf dem Mars bis hinunter auf den Boden stattfindet und dort eine ähnliche Fraktionierung von Schwefelisotopen erzeugt hat, die noch heute anhält:

„Zwischen der Atmosphäre des Mars und der Erde bestehen große Unterschiede. Der offensichtlichste Unterschied ist, daß die Wasser-Photolyse bis hinab auf den Marsboden wichtig ist; das ist auf die relative Durchlässigkeit der Mars­atmosphäre zurückzuführen.“ 20

Wir wird sich diese Art der Fraktionierung auf unsere Bemühungen auswirken, eine künstliche Umwelt auf dem Mars zu schaffen, wenn Verbindungen wie Wasserdampf (besser als Schwerwasserdampf) sogar noch auf dem Boden gespalten werden? Wie wird sich diese Fraktionierung auf die Atmosphäre, die wir in der Anfangsphase schaffen, sowie auf chemische Verbindungen ganz allgemein auswirken?

„Spin“:  Eine rein „physikalische“ Größe?

Die besondere Rolle, die Magnesium-25 bei der Photosynthese spielt, wird häufig in den Vordergrund gestellt. Der besondere „Spin“ dieses Isotops – eine, wie bereits erwähnt, wegen der unklaren quantenmechanischen Sprache schwer verständliche Größe – soll nach Auffassung vieler heutiger Wissenschaftler dabei eine kausale Rolle spielen. Es konnte gezeigt werden, daß dieses Isotop die Bildungsrate von ATP (Adenosintriphosphat) bei der Photosynthese beschleunigt, wenn es in einem spezifischen Enzym vorhanden ist.21 Anstatt auf die technischen Einzelheiten einzugehen, wie das vonstatten gehen soll, wollen wir lieber einige jüngere experimentelle Arbeiten aufgreifen, die zwar nicht mit Magnesiumisotopen bei der Photosynthese zu tun haben, aber dennoch sehr interessant sind, wenn man Wernadskijs anfängliche Forderung im Gedächtnis behält, daß sich chemische Prozesse in einem Lebewesen von chemischen und physikalischen Phänomenen unterscheiden, die man außerhalb dieser Umstände beobachtet.

Der Elektronenspin und der Umstand, daß er von anderen Isotopen des gleichen Elements beeinflußt werden kann, wird gewöhnlich damit in Zusammenhang gebracht, daß er eine bestimmte Resonanz mit Magnetfeldern besitzt. Zum Beispiel macht man sich bei der Bilddarstellung mit MRI/NMR die schwachen magnetischen Eigenschaften einiger Isotope zunutze. Aber bedeutet der Spin selbst nur den Zustand eines Atoms, der durch rein „physikalische“ Reaktionen bestimmt wird und bestimmt? Jüngste Experimente haben das interessante Phänomen von „spinpolarisierten Elektronen“ (eine Art Spinkoordination) gezeigt, die nach der Reaktion mit einem chiralen (links/rechtshändigen) Molekülfilm „asymmetrisch gestreut“ werden.

Einer der Forscher schreibt darüber:

„Es kam letztlich zu einer erfolgreichen Beobachtung von optischem Elektronen-Dichroismus [keine Drehung als solche, wie sie bei Pasteurs Versuchen mit polarisiertem Licht auftritt, sondern eine ,spinabhängige Dämpfung’, eine Art Intensitätsverlust oder Streuung – MKR] als die Elektronenstreuung durch die Zugabe eines Ytterbium-Atoms zu kampherbasierten organischen Molekülen verstärkt wurde, um (x-Verbindung) und analoge Verbindungen zu bilden... Ich äußere meine Bewunderung für dieses elegante Experiment. Seither sind andere Experimente angestellt worden, um die asymmetrische Streuung polarisierter Elektronen durch organische Filme dünner chiraler Moleküle zu beobachten. Zum Zeitpunkt dieses Schreibens bin ich mir keiner Experimente bewußt, bei denen die elektronische Entsprechung optischer Rotation beobachtet worden wäre. Die bevorzugte Wechselwirkung spinpolarisierter Elektronen mit chiralen Molekülen hat Beachtung erregt...“ 22

Wir können die Einzelheiten dieser wichtigen, leider aber auch schwer vorstellbaren Experimente23 hier nicht ausführlicher diskutieren, doch für unsere Zwecke liegt ihre Bedeutung in der Wechselwirkung zwischen Spin und molekularer Chiralität (Händigkeit), welche Wernadskij und Pasteur als besondere Eigenschaften der biologischen Chemie für die Bevorzugung und Erzeugung dieser Moleküle ansahen. Viele massenunabhängige Isotopeneffekte werden auf Grundlage von Spinzahlen und „magnetischen Momenten“ der Isotope, besonders auch innerhalb von Lebewesen erklärt. Aber es gibt hier bereits einen Hinweis auf eine potentiell einzigartige „Resonanz“ von Elektronspin und chiralen Molekülen, die bekanntermaßen eine Eigenschaft des Lebens ist.

Isotopen und molekulare Chiralität

Nach alledem bleibt die Frage: Was nimmt man wahr? Masse? Spin? Die Spektren der Isotopen? Was ist mit der Symmetrie der Moleküle? Welche dieser Eigenschaften entsprechen bei Isotopen Pasteurs Isomeren (Verbindungen mit gleichen Molekülen, aber unterschiedlichen Strukturformeln)? Diese Frage läßt sich wahrscheinlich ohne weitere Experimente nicht beantworten; klar ist nur, daß Isotope und Lebensprozesse in einer Weise zusammenwirken, die uns zwar noch verborgen ist, die uns aber geistig in eine Richtung lenkt, in der wir diese Wechselwirkung als zentral wichtig erkennen. Eine dieser spezifischen Größen dürfte uns nicht entgangen sein: Die Symmetrie des Moleküls selbst.

Wir wissen, daß dies im Mittelpunkt von Pasteurs Überlegungen stand, aber was könnte dies mit Isotopen zu tun haben? Die ungewöhnliche Häufigkeit des völlig asymmetrischen Ozonmoleküls 16O17O18O wurde bereits kurz erwähnt, jedoch ist es noch einen Schritt von Lebensprozessen entfernt (wobei wir nicht behaupten wollen, daß die Atmosphäre als Ganze unbelebt sei, da sie weitgehend durch Lebensprozesse erzeugt wurde). Tatsächlich sind kürzlich Arbeiten mit direktem Bezug zu der Asymmetrie von Molekülen infolge von Isotopensubstitution erschienen, wodurch ein anderer Begriff von Chiralität entstanden ist.

In einer Arbeit, die derzeit in Übersetzung ist, schreibt Wernadskij, daß es etwas jenseits molekularer Symmetrie geben müßte, was auf atomarer Ebene als spezifischer Indikator der physikalischen Raumzeit des Lebens dienen sollte. Er will damit offenbar sagen, daß, selbst wenn es ähnliche Isotopenverteilungen zwischen lebender und nichtlebender Materie gäbe, man immer noch von einem Unterschied in bezug auf die Symmetrie ausgehen müßte. Was könnte er damit meinen? Die Autorin neigt zu der Auffassung, Wernadskij denke hier an die mögliche Bedeutung asymmetrischer Moleküle, die beide Isotope enthielten, also von „Isotopomeren“.

Tatsächlich wurde in neuen Experimenten ein Kohlenstoff-13-Isotop durch ein Kohlenstoff-12-Isotop in einer Verbindung ersetzt, die in ihrer typischen Reaktion mit einer anderen Verbindung eine völlig razemische Molekülmischung bzw. händige Moleküle erzeugt, deren Isomere (die von Pasteur entdeckten normal symmetrischen Moleküle) gewöhnlich in einem 50:50-Verhältnis vorliegen.24 In diesem Experiment reagierten Pyrimidin-5-Carbaldehyd und Diisopropyl-Zink, wobei sich in dem entstandenen Zink-Alkoxid ein enantiomorpher Überschuß bildete. Ähnliche Ergebnisse wurden bei anderen Reaktionen nachgewiesen.

Es konnte also gezeigt werden, daß sich das Verhältnis durch das „Dopen“ der katalytischen Verbindung verschieben läßt. Hier liegt möglicherweise eine weitere spezifische Rolle, die Isotope in Lebewesen spielen. Es ist nicht bekannt, ob es überhaupt Studien gibt, um die Häufigkeit dieser neuen isotopisch „chiralen Moleküle“ in Lebensprozessen zu bestimmen, was aber angesichts der Besonderheit händiger Moleküle in Lebensprozessen äußerst faszinierend wäre. Man müßte sogar untersuchen, ob nicht isotopisch asymmetrische Moleküle selbst, die potentiell durch Lebensprozesse geschaffen werden könnten, eine katalytische Rolle bei der Bildung solcher Verbindungen spielen. Ist für die gesamte Fraktionierung in einem Lebewesen eine bestimmte Anzahl solcher neuer chiraler Strukturen erforderlich?

Radioaktives Kalium auf dem Mars?

Die Zellen eines erwachsenen Mannes enthalten etwa 140 Gramm Kalium, wovon ein kleiner, aber wichtiger Teil aus den radioaktiven Isotopen des Kaliums besteht, welche zusammen etwa 80 Zerfälle pro Minute erzeugen.25 Das Isotop ist nicht sehr häufig, hat aber potentiell eine sehr wichtige Rolle in der Evolution gespielt, da vor 3,5 Milliarden Jahren siebenmal mehr davon vorhanden war und es vor allem in den Zellen aktiv ist.26 Welche Rolle spielt es generell im Menschen, beim Tier und in der Pflanzenphysiologie? Wernadskij kannte die Arbeiten des holländischen Forschers Zwaardemaker, der Versuche mit Aal- und Froschherzen anstellte, die er mit Salzlösungen durchspülte. Er behauptete, sie „wiederbelebt“ zu haben, weil in der Lösung radioaktives Kalium und Salze anderer radioaktiver Isotope vorhanden gewesen sind. Wir wollen uns hier nicht zur Richtigkeit dieser Aussage oder zu der genauen Rolle radioaktiven Kaliums im Körper äußern, doch es gibt gute Gründe dafür, dieses wie auch das allgemeine Phänomen der Isotopenfraktionierung im Körper als wichtige, aber „schwache Kraft“ zu werten.27

Auch hier stellen sich Fragen, die mit der künftigen Besiedlung des Mars zu tun haben. Aus jüngsten Untersuchungen über radioaktive Isotope von Silizium, Radium und Chlor geht hervor, daß die sich im Laufe des Jahres verändernde Entfernung zwischen Erde und Sonne möglicherweise eine direkte Auswirkung auf nukleare Zerfallsraten hat. Über 15 Jahre gemessene jährliche Schwankungen von Zerfallsraten folgten in vielen Fällen dieser Korrelation.28 Ähnliche Versuchsergebnisse ergaben sich, als man Zerfallsproben in rotierende Zentrifugen gab – was möglicherweise miteinander in Beziehung steht, da dadurch Schwerkrafteffekte nachgeahmt werden.

Wenn man sich fragt, wie Menschen auf dem Mars gesund erhalten werden sollen, sind solche Überlegungen wichtig. Selbst nur als Hypothese weisen sie auf Probleme hin, die beachtet werden müssen. Was passiert auf dem Mars, wenn der Zerfall von Kalium-40 im Körper dort geringer ist, ganz abgesehen davon, wenn es viel weniger davon gibt? Welche Rolle spielt dieses Isotop überhaupt im menschlichen Körper und wie würde sich eine veränderte Zerfallsrate auswirken? Müßte man als Ausgleich den Marsboden mit Kalium-40 anreichern? Eine solche Denkweise zeigt, wie eng die Wissenschaft der physikalischen Ökonomie und der physikalischen Chemie miteinander verbunden sind.29

Aufruf zu weiteren Versuchen

Bei der Isotopen-Fraktionierung ergeben sich Paradoxe, die uns zeigen, daß das wirkliche Ding, das wir als „Isotop“ bezeichnen, Eigenschaften hat, die nicht von seiner Masse bestimmt sind. Welcher Aspekt des Isotops wird vom Lebewesen erfaßt und benötigt? Ist dabei eine Art Symmetrie erforderlich, wie es mit Pasteurs Isomeren der Fall zu sein scheint? Auch wenn wir noch keine Antworten haben, läßt sich zumindest sagen, daß uns einige der Fragen in die richtige Richtung geführt und wir eine klarere Vorstellung von möglichen Wechselwirkungen bekommen haben. Die sogenannte massenabhängige Isotopenfraktionierung würde bedeuten, daß innerhalb lebender Organismen Prozesse nach einfachen kinetischen oder Gleichgewichtsgesetzen – wie der Diffusion durch eine semipermeable Membran – ablaufen. Pasteur hat uns jedoch zu der Annahme geführt, daß ein Lebewesen mehr als ein einfacher physikalischer oder chemischer Raum ist, weswegen uns die massenunabhängige Isotopenfraktionierung, besonders wenn sie einen symmetrischen Hintergrund hat, aufhorchen läßt und unbedingt nach neuen Versuchsansätzen verlangt. Die Biologen scheinen dieses Experimentierfeld zu meiden, weil sie wahrscheinlich den gewaltigen Schatten Alexander Oparins über sich spüren, der sie trotz Pasteur und Wernadskij glauben läßt, Leben sei kein besonderer und höherer Phasenraum als der unbelebte Bereich. (Der einzige explizite Verweis auf „massenunabhängige Fraktionierung“ in Lebensprozessen, den die Autorin in einem Fachartikel gefunden hat, sind die Beispiele über Magnesium-25 und die unterschiedlichen Zusammensetzungen von Quecksilberisotopen in Torf.) Es wäre auch eine gute Idee, so vorzugehen, wie Wernadskij es wollte: Die Isotopenfraktionierung für alle Elemente in lebenden Organismen, und nicht nur die häufigsten, zu untersuchen.30

Auch wenn sich scheinbar mehr Fragen ergeben, als wir beantworten können, haben wir allen Grund zu der Annahme, daß sich Wernadskijs nachdrückliche Betonung der drei unterschiedlichen universellen Phasenräume auch im Bereich der Isotopenfraktionierung und der Anwendung auf Lebensprozesse bestätigen wird. Gezielte Experimente mit Wernadskijs Hypothese im Kopf sind längst überfällig!

Diese erste Untersuchung über Isotopen und ihre Beziehung zu Leben ist ein wichtiger Aspekt der Überlegungen, die angestellt werden müssen, wenn wir erfolgreich das Weltall besiedeln wollen. Bei einem solchen Unterfangen sind ideologische Ansätze an die Fragen über Leben als solches von keinerlei Hilfe, wenn wir für den Anfang versuchen wollen, Menschen auf Mond und Mars am Leben zu erhalten. Lebewesen existieren nicht unabhängig von einer Vielzahl relativ schwacher Kräfte, darunter kosmische und elektromagnetische Strahlung,31 die universelle Gravitation und die besondere Isotopenverteilung in ihrer Umwelt, von der relativ geringfügige Anreicherungen von ohnehin spärlichen Isotopen erzeugt werden. Die Beachtung solcher relativ schwacher Kräfte wird uns am ehesten in die Lage versetzen, auf dem Mars die scheinbar schwächste, doch in Wirklichkeit mächtigste Kraft, die menschliche Kreativität, zu bewahren.

Die Autorin ist Mitglied der Basement-Forschungsgruppe von LaRouchePAC. Kontakt über meghan.roo@gmail.com.

Anmerkungen

1. Siehe LPACTV, „Louis Pasteur: The Space of Life,“ und Louis Pasteur, „Über die Asymmetrie bei natürlich vorkommenden organischen Verbindungen“ (1860).

2. Wladimir Wernadskij, “Problems of Biogeochemie II”, in 21st Century Science & Technology, Winter 2000-2001, S. 20.

3. Sky Shields, „The Significance of Biological Research in Space for the Development of a Unified Field Theory“ (Die Bedeutung biologischer Forschung im Weltraum für die Entwicklung einer einheitlichen Feldtheorie), Vorlage an den Decadal Survey for Biological and Physical Sciences in Space des U.S. National Research Council, Oktober 2009.

4. Um seine Äußerungen verständlicher zu machen, sollte man wissen, daß Harkins noch keine Neutronen kannte, aber er arbeitete mit einem Atommodell, das praktisch bereits von Neutronen ausging. Nur bestanden seine Neutronen aus zusätzlichen Protonen im Kern, der zum Ausgleich der Protonenladungen von Elek­tronen umkreist wurde.

5. William Draper Harkins, „The Spectra of Atoms and the Vibration of Electrons in the Atom,“ Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA (PNAS), Vol. 3, No. 12, Dec. 1917, pp. 710-715.

6. Wernadskij a.a.O. (Anmerkung 2). Siehe auch Wernadskij, „Über die Zustände des physikalischen Raumes“, in Fusion 1/2008.

7. Wernadskij, “On some fundamental Problems of Biogeochemistry”, in 21. Century Science & Technology, Winter 2005-2006.

8. A. Lasnitski, A.K. Brewer, “A Study in the Isotopic Constitution of Potassium in Various Rat Tissues, Biochemical Journal, Januar 1941; Vol. 35(1-2): pp 144-51.

9. Wernadskij, in „Work on the Biochemistry and Geochemistry of the Soils“, Russische Akademie der Wissenschaften, 1992 (auf russisch).

10. Wernadskij, The Biosphere (New York: Springer, 1997).

11. E. Brugnoli and G.D. Farquhar, “Photosynthetic Fractionation of Carbon Isotopes,” in Photosynthesis: Physiology and Metabolism (Aarhus, Denmark: Kluwer Academic Publishers, 2004).

12. Sanghamitra Ghosh et al., “Mass-independent fractionation of mercury isotopes in the environment,” Geochemistry, Geophysics, Geosystems, Vol. 9, No. 3, March 2008.

13 “Uranium isotopes are not invariant, researchers show,” http://www.news.illinois.edu/news/07/1023uranium.html

14. E. Borek and D. Rittenburg, “Anomalous growth of microorganisms produced by changes in isotopes in their environment,” Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, Vol. 46, No. 6 (June 15, 1960), pp. 777-82.

15. D. Yakir, M. Deniro, et al., “Isotopic Inhomogeneity of leaf water,” Geochim et Cosmochim Acta, Vol. 53, pp. 2769-73, 1989.

16. Uwe Meierhenrich, “Minority Report: Life’s Chiral Molecules of Opposite Handedness,” Amino Acids and the Asymmetry of Life (Berlin: Springer, 2008).

17. A.A. Pavlov, and J.F. Kasting, “Mass Independent Fractionation of Sulfur Isotopes in Archaen Sediments: Stong Evidence for an Anoxic Archaen Atmosphere,” Astrobiology, Vol. 2, No. 1, 2002.

18. Mark H. Thiemens, “Mass-Independent Isotope Effects in Planetary Atmospheres and the Early Solar System,” Science, Vol. 283, 1999.

19. Eugene Rabinowitch and Govinjee, “Photosyntheis,” http://www.life.illinois.edu/govindjee/photosynBook.html

20. C. Miller and Y. Yung, “Photo-induced isotopic fractionation,” Journal of Geophysical Research, Vol. 105, No. D23, 2000

21. J.R. Black, “An experimental study of magnesium isotope fractionation in chlorophyll-a photosynthesis,” 2006, http://www.escholarship.org/uc/item/8x5346hj

22. “Chiral Asymmetry: The Quantum Physics of Handedness,” in Mark P. Silverman, Quantum Superposition: Counterintuitve Consequences Coherence, Entanglement, and Interference (Berlin: Springer, 2008).

23. http://www.uni-muenster.de/Physik.PI/Hanne/chiral.html

24. Tsuneomi Kawasaki, et al., “Asymmetric Autocatalysis Triggered by Carbon Isotope Chirality,” Science, Vol. 324, p. 492, April 2009.

25. “Exposure of the population in the United States and Canada from natural background radiation,” National Council on Radiation Protection and Measurement; NCRP 96 (Bethesda: 1987).

26. F. Moore and K. Sastry, “Intracellular Potassium: 40K as a primordial gene irradiator,” PNAS, Vol. 79, No. 11, June 1982, pp. 3556-59.

27. James Muckerheide, “Time To Tell the Truth about the Health Benefits of Low-Dose Radiation,” 21st Century Science and Technology, Summer 2001.

28. Jere H. Jenkins, Ephraim Fischbach, et al., “Evidence for Correlations Between Nuclear Decay Rates and Earth-Sun Distance,” August 2008;http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/0808/0808.3283v1.pdf; and He Yujian et al., “Changes of decay rates induced by mechanic motion,” Science in China, Series B: Chemistry (Berlin: Springer, 2008).

29. An dieser Stelle sollten wir uns an das Zitat aus der eingangs zitierten Schrift Die Geheimwirtschaft von Lyndon LaRouche zurückerinnern.

30. „Wir stehen vor einem allgemeinen Problem. Ist die Veränderung eines chemischen Elements mit unterschiedlichem Atomgewicht durch den Lebensprozeß auf einige neue chemische Elemente wie Wasserstoff und Kalium beschränkt oder ist dieses Phänomen allen Organismen und all den chemischen Elementen gemein?“. Wernadskij a.a.O., Anmerkungen 2 und 7.

31. Oyang Teng, „Onward to Mars: The Triumph of the Weak Forces,“ EIR, May 14, 2010. Auf deutsch: „Auf zum Mars! Der Triumph der ,schwachen Kräfte’“, in dieser Ausgabe von Fusion.





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