Statt Drittem Weltkrieg: Für eine Eurasische Union von Wladiwostok bis Lissabon!

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Von Helga Zepp-LaRouche

Wenn die drohende Gefahr eines Bürgerkriegs in der Ukraine, der rasch zu einem regionalen Krieg und sogar zum thermonuklearen Dritten Weltkrieg eskalieren könnte, beseitigt werden soll, dann müssen jetzt sofort konkrete Lösungsvorschläge auf die Tagesordnung. Die Entführung der OSZE-Beobachter am Freitag (25.4.) unterstreicht, daß die Zeit dafür jeden Augenblick ausgelaufen sein kann.

Die OSZE und die Unterzeichner der Genfer Erklärung zur Ukraine müssen gerade angesichts der Eskalation der Gewalt in der Ostukraine zu den gemeinsamen Beschlüssen vom 21. Februar und 17. April zurückkehren, wonach alle illegalen bewaffneten Gruppen entwaffnet und alle illegal besetzten Gebäude, Straßen, Plätze oder andere öffentliche Flächen geräumt werden müssen.

Die Interpretation dieser Erklärung seitens der Staatssekretärin im amerikanischen Außenministerium, Victoria Nuland (in Erinnerung wegen ihrer Vulgärsprache: „F... the EU“), daß dies nur die „Separatisten“ in der Ostukraine beträfe, nicht aber Nazi-Okkupanten in Kiew, weil die inzwischen „Genehmigungen“ erhalten hätten und deshalb nicht mehr illegal seien, ist ebenso hanebüchen wie arrogant. Sie zeigt allerdings ebenso wie die Interventionen von Vizepräsident Biden und CIA-Chef Brennan in Kiew, unter deren Schirmherrschaft jetzt die von Elementen des Rechten Sektor durchsetzte „ukrainische Armee“ Militärgewalt gegen die Bevölkerung in der Ostukraine anwendet, daß eine andere Kombination zur Lösung der Krise gefunden werden muß. Es gibt allerdings keinen Grund, warum die Obama-Administration dabei federführend beteiligt sein soll, da die USA keine strategischen Interessen in der Ukraine zu verteidigen haben, wie der amerikanische Generalstabschef Dempsey betont hat, und die Ukraine auch nicht Mitglied der Nato ist. Die Hauptverantwortung muß statt dessen von der EU und Rußland getragen werden.

Die ukrainische Ökonomin und Vorsitzende der Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine, Natalja Witrenko, hat jetzt den Vorschlag gemacht, daß die Ukraine temporär unter eine ausländische Verwaltung gestellt wird, die gemeinsam von der EU und Rußland gestellt wird, da die derzeitige Übergangsregierung in Kiew offensichtlich zu schwach ist, um die Genfer Erklärung durchzusetzen.

In einem Telefongespräch zwischen den Außenministern Rußlands und Deutschlands, Lawrow und Steinmeier am 25. April stimmten beide überein, daß die OSZE die zentrale Rolle dabei spielen müsse, eine Verständigung zwischen allen ukrainischen Kräften für eine Deeskalation und Beendigung der Gewalt und des Einsatzes der Armee zu erreichen, also die Entwaffnung der illegalen Einheiten ebenso wie den Dialog zwischen diesen Kräften über eine Verfassungsänderung.

Es ist inzwischen offensichtlich, daß keinerlei Bedingungen existieren, die für den 25. Mai geplanten Präsidentschaftswahlen erfolgreich durchzuführen. Statt dessen muß umgehend ein Referendum über die Möglichkeit der Föderalisierung der Ukraine und eine Verfassungsreform auf die Tagesordnung gesetzt werden. Erst dann können Umstände für eine Präsidentschaftswahl geschaffen werden, die das Land nicht zerreißt, sondern die Möglichkeit seiner territorialen Integrität oder ordentlichen Aufteilung schafft, wie dies etwa bei der friedlichen Separierung von Tschechien und der Slowakei geschehen ist.

Wichtiger noch als diese konkreten Schritte für eine Deeskalation in der Ukraine selbst aber ist die Veränderung der strategischen Rahmenbedingungen, die die Kulisse für diese Krise abgeben. Denn nicht nur die Ukraine, wo das Durchschnittseinkommen inzwischen von 400 auf weniger als 300 Euro geschrumpft ist, ist wirtschaftlich am Ende. Der gesamte transatlantische Finanzsektor ist bankrott. Weder die meisten amerikanischen „systemrelevanten“ TBTF-Banken noch ein Großteil der europäischen Banken, die derzeit einem Streßtest durch die EZB und die EU-Behörde EBA unterzogen werden, sind ohne fortgesetzte Rettungspakete und Quantitative Lockerung (QE), also hyperinflationäres Gelddrucken, überlebensfähig, während das inzwischen als Gesetz verabschiedete „Bail-in“, also die Enteignung der Konteninhaber und Besitzer von Bankaktien und -anleihen den augenblicklichen, katastrophalen Kollaps der Realwirtschaft zur Folge hätte.

In diesem drohenden Zusammenbruch des von London und der Wall Street dominierten transatlantischen Finanzsystems liegt der eigentliche Grund für die akute Kriegsgefahr. Denn in London und New York regieren die gleichen geopolitischen Impulse, die bereits die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs bestimmt haben. Wie die geopolitische Ideologie des angeblich unüberbrückbaren Interessengegensatzes des eurasischen „Herzlandes“ und der atlantischen „Randländer“ von Halford Mackinder und Lord Milner dazu beitrug, das Schachbrett vorzubereiten, auf dem dann der Erste Weltkrieg ausgetragen wurde, so sieht die heutige imperiale Finanzoligarchie im relativen Wachstum Asiens eine Bedrohung.

Die Notwendigkeit, diesem Finanzimperium - auch Globalisierung genannt - immer weitere Teile der Welt zum Zwecke der primitiven Akkumulation der dortigen Ressourcen einzuverleiben, steht letztlich auch hinter der immer weiter fortschreitenden Ostausweitung der Nato und der EU, ebenso wie die Einkreisung Chinas durch ein Geflecht von Militärallianzen im pazifischen Raum.

Die einzige Weise, die Kriegsgefahr wirksam zu überwinden, liegt deshalb in der Beendigung der kriegstreibenden Kasinowirtschaft Londons und der Wall Street. In den USA wächst derzeit eine breite Bewegung in der Bevölkerung für die Wiedereinführung des Glass-Steagall- Trennbankengesetzes, mit dem Franklin D. Roosevelt 1933 auf die kriminellen Exzesse der Wall Street reagiert hatte, die mit für den Crash von 1929 und die Depression der 30er Jahre verantwortlich gewesen waren. Mehrere US-Senatoren und Kongreßabgeordnete haben auf öffentlichen Veranstaltungen in den letzten Tagen angekündigt, daß sie in der kommenden Woche eine koordinierte Initiative für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes lancieren werden.

Unterstützt werden sie dabei von der Organisation „Amerikaner für eine Finanzreform“ und mehr als 200 anderen demokratischen Basisorganisationen, die gemeinsam eine Email verschickt haben, in der sie zur Unterstützung der Kampagne „Schließung des Wallstreet-Kasinos“ aufrufen. Teil dieser Kampagne sind u.a. die Dachorganisation der Gewerkschaften AFL/CIO und zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen. Wenn der amerikanische Kongreß das Trennbankensystem einführt, wozu diese Abgeordneten fest entschlossen sind, dann wird Europa aufgrund der Verflechtung des globalen Finanzsystems gar nichts anderes übrig bleiben, als das gleiche zu tun und der Kasinowirtschaft Lebewohl zu sagen.

Mittlerweile bereitet sich Rußland auf den Fall der angedrohten Verschärfung der Sanktionen vor, die General a.D. Kujat in der Talkshow Berlin-Mitte mit Maybrit Illner zu recht als „Bankrott der Politik“ bezeichnet hat, die Deutschland mehr schaden würde als Rußland. In der Tat bezeichnete der Ökonom Sergej Glasjew die Sanktionen als verstecktes Geschenk des Himmels, weil es Rußland zwingen würde, sich von den Einflüssen des Monetarismus abzuwenden. Gleichzeitig präsentierte Glasjew einen umfassenden Vorschlag für die Transformation zu einem russischen Kreditsystem, das eine Verdreifachung der Produktion, ein Wachstum von ca. 6-7% des BIP und eine Verstärkung des Handels mit Asien zum Ziel hätte.

In dieser Periode der allerhöchsten Gefahr und des Umbruchs aller gewohnten Gegebenheiten stellen sich für Deutschland grundsätzlichere Fragen, als dies seit 1945 jemals der Fall war. Deutschland kann und muß eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Kriegsgefahr durch eine mutige Politik des Dialogs und der Verhandlungen mit Rußland zu überwinden. Eine Debatte über diese Notwendigkeit findet derzeit in der Mehrzahl aller Institutionen in Deutschland statt. Deshalb müssen wir auf das Angebot eingehen, das Präsident Putin wiederholt und auch jetzt auf dem Höhepunkt der Krise in der Ukraine wieder gemacht hat. Die Vision, eine einheitliche eurasische wirtschaftliche und humanitäre Region vom Atlantik bis zum Pazifik zu schaffen, in der alle Nationen der EU und zukünftige Teilnehmer des eurasischen Integrationsprozesses zu ihrem gegenseitigen Vorteil zusammenarbeiten, ist in greifbare Nähe gerückt.

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat das Projekt des Ausbaus der Neuen Seidenstraße und der Maritimen Seidenstraße auf die Tagesordnung gesetzt. Dies entspricht einem ganz wichtigen Baustein des Programms der Eurasischen Landbrücke, für das die BüSo seit dem Kollaps der Sowjetunion als Vorschlag für die wirtschaftliche Integration des eurasischen Kontinents geworben hat.

Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder wir eskalieren die Sanktionen gegen Rußland, bringen uns selber ökonomisch um und enden im Dritten Weltkrieg, der das Ende der Menschheit bedeuten wird, oder wir ergreifen die Alternative: Wir beenden gemeinsam mit den USA die Kasinowirtschaft durch ein Glass Steagall-Trennbankengesetz, ersetzen den Monetarismus, der die Mehrheit der Menschen verarmt und umbringt, durch ein Kreditsystem, das die Realwirtschaft wieder aufbaut, und die Weltlandbrücke, die in der Tradition der alten Seidenstraße die Völker und Nationen auf höherer Ebene verbindet.

Die Krise in der Ukraine kann nur so überwunden werden!





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