Zum Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion: NATO marschiert auf an Rußlands Westgrenze
20. Juni 2016 •

[In ihrem Internetforum auf dieser Webseite warnte die Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, Helga Zepp-LaRouche, am 15. Juni erneut vor der dramatischen Gefahr einer thermonuklearen Konfrontation zwischen der NATO und Rußland: „Die Kriegsgefahr ist größer als zu irgendeinem Zeitpunkt seit der Kubakrise – und da waren wir ja ganz nah an der thermonuklearen Auslöschung der ganzen menschlichen Gattung.“

Das Erschreckendste an der Lage sei, „daß nicht mal die Antikriegs-Bewegung sich wirklich voll und ganz darüber im Klaren ist. Es ist ja gut, daß sich in Ramstein am vergangenen Wochenende eine Menschenkette gebildet hat, die gegen den Einsatz von Drohnen über Ramstein protestierte. Aber selbst da war die absolute Akutheit dieser Kriegsgefahr nicht wirklich so präsent, wie sie es sein müßte.“

Sie zählte dann die verschiedenen Elemente des militärischen Aufmarschs der NATO in Osteuropa und der russischen Reaktionen darauf auf:

„Wir haben im Augenblick ja diese NATO-Manöver – das sind insgesamt 50.000 bis 60.000 Soldaten, die im Augenblick in Baltikum und in Polen engagiert sind. Gestern oder heute hat das Treffen der europäischen Verteidigungsminister definitiv beschlossen, vier Bataillone an die russische Grenze zu verlegen.

Rußland hat natürlich seinerseits darauf reagiert und macht eine Woche lang sogenannte ,Snap’-Manöver, wo quasi spontan alle Kapazitäten daraufhin geprüft werden, ob sie einsatzfähig sind.

Es befinden sich zwei Flugzeugträgergruppen der USA im Mittelmeer – eine vom Atlantik, die andere vom Persischen Golf –, es gibt Schiffe der Aegis-Klasse der USA im Schwarzen Meer. Umgekehrt trainiert Rußland jetzt, wie man diese Aegis-Systeme im Schwarzen Meer ausschalten könnte.

Rußland hat ja extrem besorgt reagiert auf die Entscheidung, dieses Raketenabwehrsystem in Rumänien zu installieren; es soll in Polen bis 2018 fertig sein. Bei dem kommenden NATO-Gipfel in Warschau Anfang Juli soll dieses rumänische System mit den Verbänden der Aegis-Zerstörer operationell verbunden werden.“

Sie betonte: „Das alles sind Eskalationsentwicklungen, die zur allergrößten Sorge Anlaß geben sollten. Denn es ist ja die Einschätzung von vielen Militärexperten, daß die Lage nicht nur deshalb so viel gefährlicher ist als während der Kubakrise, weil das rote Telefon, das zwischen Chruschtschow und Kennedy existierte, heute eben nicht existiert zwischen Obama und Putin – auch der sogenannte code of behavior, der selbst mitten im Kalten Krieg existierte, also, was man tut, wie man sich warnt, wie man Eskalationen und Mißverständnisse verhindert: All das ist nicht da, und es ist generell die Einschätzung von Top-Militärexperten, daß selbst das kleinste Versehen, ein Unfall, menschliches Versagen, ein Irrtum ausreicht, um die große Katastrophe in Gang zu setzen.“

Der entscheidende Unterschied zur Kubakrise sei jedoch, „daß damals noch die Doktrin der Mutual Assured Destruction funktionierte, d.h., daß eben klar war, daß Atomwaffen nicht eingesetzt werden können, weil sie zur vollständigen Auslöschung der menschlichen Gattung führen würden. Heute haben wir quasi eine neue NATO-Doktrin, die heißt First Use, das ist die Idee, daß es durch die Modernisierung von Atomwaffen, aber auch von Trägersystemen möglich sei, einen Überraschungsangriff auf den Gegner vorzunehmen, dessen Zweitschlagskapazitäten zu entfernen und damit quasi einen begrenzten Atomkrieg zu gewinnen.“

Dies könne jeder, der sich mit der Fachliteratur beschäftigt, nachprüfen. „Das ist die Lage, und die Gefahr ist wirklich nur Minuten entfernt. Denn wenn etwas schief geht, dann war es das.“

Aufmarsch zum Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion

Besonders scharf kritisierte sie, „daß das alles gerade zum Jahrestag des Einmarschs der Nazis 1941“ in die Sowjetunion stattfindet. Dies sei eine „Instinktlosigkeit, auch gerade von unserer Verteidigungsministerin von der Leyen, die da scheinbar absolut keine Skrupel und keine Bedenken kennt, zu sagen, die Bundeswehr wird da an vorderster Front eine führende Rolle spielen als eine von vier Nationen“. Es sende die falsche Botschaft an Rußland, wo man „die vielen Opfer des Krieges überhaupt nicht vergessen hat, wie man kürzlich an diesen Kundgebungen des ,unsterblichen Soldaten’ gesehen hat“, und sei hochgefährlich.

Vor allem aber kritisierte Zepp-LaRouche die fehlende öffentliche Debatte über die Kriegsgefahr: „Was mich mit am meisten an dieser Entwicklung aufregt, das ist, daß die Kriegsgefahr die höchste ist seit der Kubakrise, daß aber keine öffentliche Debatte oder so gut wie keine darüber stattfindet, daß die Antikriegs-Bewegung quasi schläft und denkt: ,Man kann ja sowieso nichts machen’, daß die Menschheit sich am Abgrund bewegt und die Leute schlafwandlerisch Fußball gucken und viele Leute jetzt für die nächsten Wochen wirklich geistig tot sind. Das ist wirklich eine absolut katastrophale Situation.“

Tatsächlich „gehen wir auf die wildeste Zeit überhaupt zu“: Schon nächste Woche könne es bei der Abstimmung in Großbritannien zum Brexit kommen, das Finanzsystem hänge am „absolut letzten Tropf“, und der Terrorismus sei keineswegs besiegt. „Es gibt zwar auch positive Entwicklungen, aber wir sind im Augenblick an einem solchem Siedepunkt, einem absoluten Krisenpunkt, daß es wirklich absolut horrend ist, daß die Menschen von den Medien und von den Politikern so im Unklaren gelassen werden.“

Schweigen der Medien

Tatsächlich hat das Schweigen der Medien zur Folge, daß es selbst vielen Kriegsgegnern kaum bewußt ist, wie ernst die Lage ist. Gilbert Doctorow lamentiert in einem Artikel, der am 13. Juni unter dem Titel „Die nukleare Uhr steht zwei Minuten vor Mitternacht“ in Tikkun erschien, über die von der amerikanischen Außenpolitik angetriebene Atomkriegsgefahr und das Fehlen einer Debatte darüber in den Massenmedien.

Als Beispiel führt er eine Antikriegskonferenz am MIT in Cambridge/Massachusetts an, an der er vor 18 Monaten, auf dem Höhepunkt der Kampfhandlungen in der Donbaß-Region in der Ukraine, teilgenommen hatte. Die Gefahr der Eskalation zu einem russisch-amerikanischen Krieg sei dort praktisch außen vor gehalten worden – und das nicht von den Veranstaltern der Konferenz, denn es sei sogar eine eigene Sitzung über das Thema angesetzt worden, die aber kaum besucht war.

Doctorow betont, er wolle keineswegs die Antikriegs-Aktivisten, die an der Konferenz teilnahmen, lächerlich machen, sondern „zeigen, wie und warum die stark tendenziöse Berichterstattung über das, was wir [die USA] in der Welt tun und andere uns antun, in Verbindung mit den selektiven Nachrichtenblockaden in den großen Medien selbst die Aktivisten im Unklaren lassen über die realen Bedrohungen für den Frieden und für unser Überleben, die die amerikanische Außenpolitik in den letzten 20 Jahren geschaffen hat und voraussichtlich auch auf unbestimmte Zukunft weiter schaffen wird, wenn die Öffentlichkeit nicht aus ihrem Schlummer erwacht und verlangt, auch von den Experten mit abweichenden Meinungen informiert zu werden.“

Mahnende Stimmen

Tatsächlich gibt es durchaus mahnende Stimmen, die der Rußlandpolitik des Westens widersprechen. So erklärte beispielsweise der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder in einer Rede vor der Deutschen Handelskammer in Salzburg, die derzeitigen Manöver von Kampftruppen der NATO nahe der russischen Westgrenze seien ein „sehr schwerer Fehler“, insbesondere vor dem anstehenden 75. Jahrestags des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Auch die Sanktionen gegen Rußland seien falsch. Wenn die europäischen Regierungen an den Sanktionen festhalten wollen, dann sollten sie „nicht zu feig sein, sich selbst hinzustellen und es ihren Bevölkerungen zu erklären“, anstatt die Verlängerung der Sanktionen bloß als eine „technische Angelegenheit“ zu behandeln.

Auch aus dem Europäischen Parlament gibt es Widerspruch gegen die Rußland-Sanktionen. In einem Offenen Brief unter der Überschrift „Warum Europa Rußland mehr denn je braucht“, den die russische Internetplattform [I]RT[/I] am 12. Juni veröffentlichte, fordern zwölf Europaabgeordnete aus Frankreich, Deutschland, Italien, Slowenien und Malta die sofortige Aufhebung der Sanktionen, insbesondere bezüglich der Sicherheitskooperation. Auch Frankreichs Nationalversammlung und Senat haben für die Aufhebung der Sanktionen gestimmt.

In dem Offenen Brief heißt es, schon wenige Monate nach Verhängung der Sanktionen sei klar gewesen, daß sie „ein Fehler sind – sowohl auf der politischem Ebene (bezüglich des Syrien-Konfliktes) als auch auf der wirtschaftlichem Ebene (für unsere Landwirtschaft), wofür wir teuer bezahlen müssen“.

Es sei auch ein Fehler gewesen, die europäischen Sanktionen gegen die Chefs der russischen Sicherheitsbehörden, Alexander Bortnikow und Michail Fradkow, zu verhängen. Die Zusammenarbeit mit dem russischen Aufklärungsdienst gehe zwar weiter, aber die Aufhebung der Sanktionen würde die Fortsetzung von Kooperation und Dialog ermöglichen, wovon die europäischen Länder profitieren. „Lassen Sie uns daran erinnern, daß auch die Vereinigten Staaten Sanktionen gegen Rußland verhängt haben – vor allem wirtschaftliche –, daß sie aber niemals so weit gingen, ihre Sicherheitskooperation mit den Leitern der Geheimdienste zu gefährden. Warum wenden wir soviel Mühe darauf – um den Preis unserer eigenen Sicherheit?“

So habe Rußland dank seiner Position in Syrien „Zugang zu wertvollen Informationen zum Islamischen Staat“, die auch der Westen brauche. „Wir müssen lernen, verantwortungsvoll und sachlich zu handeln… Bei dieser Realpolitik haben wir keine Wahl mehr, die Außenwelt verlangt sie von uns.“

Aber auch in diesen Äußerungen wird die konkrete Kriegsgefahr nicht angesprochen. Und so liegt es am Bürger selbst, seine Mitbürger wachzurütteln und auf den Irrsinn der NATO-Politik aufmerksam zu machen. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist, den Aufruf „NATO-Gipfel in Warschau bereitet Krieg vor – Höchste Zeit, aus der NATO auszutreten!" zu unterstützen und weitmöglichst zu verbreiten.





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